Gewalt gegen Frauen
Das Recht auf ein Leben ohne Gewalt darf kein Zufall sein. Es ist ein Menschenrecht, das auch für alle Frauen und Mädchen gelten muss – unabhängig davon, ob sie der Willkür ihres Partners ausgesetzt sind oder in einem Unrechtsregime leben.
Leider ist häusliche Gewalt in Deutschland immer noch ein großes gesamtgesellschaftliches Problem. Betroffene finden sich in allen sozialen Schichten und dennoch ist sie noch immer ein Tabuthema. Es werden weiterhin oftmals die Opfer stigmatisiert. Die Zahlen sind alarmierend: Laut Lagebild des Bundeskriminalamtes wurden in Deutschland 2023 insgesamt mehr als 256.000 Menschen Opfer häuslicher Gewalt. Dabei sind rund 70 Prozent der Opfer weiblich.
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Opfer um 6,5 Prozent gestiegen. In den letzten fünf Jahren ist ein Anstieg der polizeilich registrierten Fälle häuslicher Gewalt um 19,5 Prozent festzustellen.
Dazu kommt, dass die rund 400 Frauenhäuser mit knapp 7.700 Plätzen in Deutschland nicht im Ansatz ausreichen, um alle schutzsuchenden Frauen aufzunehmen. Um eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung mit Schutzeinrichtungen zu gewährleisten, sind nach Expertenschätzungen mindestens 14.000 zusätzliche Plätze erforderlich.
„Istanbul-Konvention“ als wichtiges Zeichen
Seit Inkrafttreten des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt („Istanbul-Konvention“) am 1. Februar 2018 verpflichtet sich Deutschland, auf allen staatlichen Ebenen alles dafür zu tun, um Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen, Betroffenen Schutz und Unterstützung zu bieten und Gewalt zu verhindern.
Situation im Landkreis Darmstadt-Dieburg
Auch der Landkreis Darmstadt-Dieburg bekennt sich zu den Inhalten und Zielen der Istanbul-Konvention, setzt im Rahmen seiner Zuständigkeiten erforderliche Maßnahmen zur Umsetzung dieser Konvention um und führt bestehende Maßnahmen fort, um Frauen und Mädchen im Sinne der Prävention vor Gewalt zu schützen und im Sinne der Intervention Hilfe zu gewährleisten.
Der Kreistag Darmstadt-Dieburg hat in seiner Sitzung am 9. Dezember 2024 mit den Stimmen der SPD/CDU-Koalition einen maximalen jährlichen Zuschuss des Kreises an den Verein „Frauen helfen Frauen e.V.“ für den Betrieb des zweiten Frauen- und Kinderschutzhauses im westlichen Landkreis in Höhe von 272.600 Euro ab 2025 beschlossen. Gleichzeitig wurde beschlossen, die laufenden Zuschüsse für das Frauen- und Kinderschutzhaus im östlichen Landkreis ab 2025 und für das Frauen- und Kinderschutzhaus im westlichen Landkreis ab 2026 zu erhöhen. Insgesamt werden ca. 600.000 Euro jährlich an Zuschüssen für die beiden Frauenhäuser durch den Landkreis gezahlt.
20 Familienzimmer sind derzeit verfügbar
Mit dem Frauen- und Kinderschutzhaus und der barrierearmen Schutzwohnung im östlichen Landkreis verfügte der Landkreis Darmstadt-Dieburg über zwölf Familienzimmer. Mit dem neuen Frauen- und Kinderschutzhaus im Westkreis wurde diese Zahl um acht Familienzimmer auf 20 Familienzimmer im Landkreis erweitert. Das ist ein sehr großer Schritt bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention. Der Empfehlung der Experten folgend bräuchte es perspektivisch insgesamt sogar 30 Familienzimmer im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Hiermit wird sich der Kreistag in seiner nächsten Legislaturperiode ab 2026 befassen müssen.
Fehlendes Gewaltschutzgesetz auf Bundesebene
Leider fehlt es auf Bundesebene noch an einem umfassenden Gewaltschutzgesetz. Die vormalige Ampel-Bundesregierung ist dem Problem der stetig steigenden Zahlen von Gewalttaten gegen Frauen in Deutschland in den letzten drei Jahren nicht begegnet. Sie hat weder Investitions- und Präventionsmaßnahmen noch eine Neuregelung des Umgangs- und Sorgerechts in gewaltbelasteten Partnerschaften auf den Weg gebracht. Als Anfang letzten Jahres das Investitionsprogramm auslief, wurde nicht einmal der Versuch unternommen, mehr Geld zur Verfügung zu stellen. So gab es beispielsweise zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung („Fußfesseln für Frauenschläger“) im Sommer eine Bundesratsinitiative aus Hessen, die auf Antrag der Grünen im Bundesrat gestoppt wurde. Sie ist erst Anfang Dezember im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages beraten worden.
Auf den letzten Drücker vor den Neuwahlen im Februar 2025 wollten die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen erfolglos noch ein Gewaltschutzgesetz durchpeitschen – ohne Anhörung mit Experten und ohne Einigung mit den Bundesländern. Daher ist die neue Bundesregierung hier gefordert und sollte das wichtige Thema bereits in ihrem Koalitionsvertrag berücksichtigen.
Viele Forderungen sind noch offen!
Grundsätzlich gilt: wir brauchen mehr Schutzmaßnahmen! Die stetig steigende Zahl von Gewalttaten gegen Frauen in ihren vielfältigen und grausamen Facetten in Deutschland und weltweit sind nicht länger hinnehmbar. Es braucht mehr Hilfe und Unterstützungsangebote für gewaltbetroffene Frauen, unter anderem einen dritten nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, einen bundeseinheitlichen Rechtsrahmen zur verlässlichen Finanzierung von Frauenhäusern und einen Rechtsanspruch auf Schutz und fachliche Beratung. Auch müssen die digitalen Plattformbetreiber in die Pflicht genommen werden, um wirksame Schutzkonzepte gegen digitale Gewalt einzuführen. Es muss ferner sichergestellt werden, dass für Menschen mit Behinderungen ein barrierefreier, niedrigschwelliger Zugang zu Schutz-, Hilfe- und Beratungsangeboten bereitsteht.